11.11.2020

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Francesca Marcella Sofia

Bluttransfusionen vor der Geburt

Es kommt selten vor und ist darum umso faszinierender: Manchmal rettet man das noch ungeborene Leben eines Kindes durch Bluttransfusionen in die Nabelschnur.

Die Rhesus-Unverträglichkeit
Francesca Marcella Sofia ist bei ihrer Geburt am 20. August im St. Vinzenz-Krankenhaus in Datteln 52 cm groß und wiegt 3.550 Gramm. Wegen einer Neugeborenen-Gelbsucht muss sie ihre ersten zwölf Lebenstage auf der Intensivstation verbringen. Mittlerweile geht es ihr deutlich besser; sie bleibt aber vorerst unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle.
Francescas Mutter heißt Johanna Rebecca Schirru und lebt in Gelsenkirchen. Sie ist eine von etwa 7,1 Millionen Mädchen und Frauen mit Rhesus negativem Blut (RhD-negativ). Wenn diese Frauen  schwanger werden und der Kindsvater Rhesus positiv ist, bekommen sie eine Anti-D-Prophylaxe, damit sie keine Antikörper gegen das Blut des potentiell Rhesus positiven Kindes bilden. Johanna Schirru hat die Blutgruppe A Rhesus negativ, ihr Mann ist A Rhesus positiv. Da er „reinerbig“ ist, werden alle Kinder definitiv eine Rhesus positive Blutgruppe haben.
Johanna Schirru ist 2013 zum ersten Mal schwanger und erleidet eine Fehlgeburt in der neunten Schwangerschaftswoche. 2015 erwartet sie erneut ein Kind. Sie bekommt die Anti-D-Prophylaxe, alles geht gut. Sohn Emilio Ernesto kommt gesund zur Welt. Johanna Schirru: „In der Schwangerschaft und auch nach der Geburt war alles prima.“ 2018 eine weitere Schwangerschaft und wieder eine Fehlgeburt in der neunten Schwangerschaftswoche. Aber Johanna Schirru und ihr Mann wünschen sich Kinder und lassen sich nicht entmutigen. Ende 2018 ist sie wieder schwanger, bekommt wieder die Anti-D-Prophylaxe. Erst geht alles gut, aber dann hat Johanna Schirru starke Blutungen, die Zahl der Antikörper gegen das Blut des Rhesus positiven Kindes steigt deutlich an. Im März 2019 wird Stella Francesca tot geboren.
Als Johanna Schirru 2020 zum fünften Mal schwanger ist, geht sie alle zwei Wochen zum Antikörpertest. Natürlich möchte sie ein gesundes Kind bekommen. Aber in der 28. Schwangerschaftswoche ist der Anti-D-pos-Wert plötzlich dramatisch angestiegen. Das Ungeborene bekommt eine schwere Anämie. Die einzige Therapie-Möglichkeit: intrauterine Transfusionen in die Nabelschnur (also in den Uterus = in die Gebärmutter).
Johanna Schirru fährt viermal nach Rheine, um dort im Mathias-Spital Transfusionen in die Nabelschnur zu bekommen. Inklusive der Vorbereitungen dauern die Transfusionen jeweils 30 Minuten; danach folgt noch eine Stunde am CTG (Kardiotokografie), um die Herztöne des Kindes zu messen. Dieses Mal geht alles gut. Eine Woche nach der vierten intrauterinen Transfusion kommt Francesca Marcella Sofia zur Welt.

Die rettenden Blutkonserven
Der DRK-Blutspendedienst West konnte Professor Matthias Meyer-Wittkopf, den Leitenden Abteilungsarzt Pränataldiagnostik im Mathias-Spital in Rheine, unterstützen und passende Blutkonserven liefern. Für spezielle Anforderungen wie diese kommt Blut der Blutgruppe 0 negativ, CMV-negativ, Parvovirus B19-negativ und medikamentenfrei in Frage. Der Hämatokrit, also der Anteil an roten Zellen im Volumen des Präparates, sollte hoch sein, da der Fetus zu wenige Erythrozyten und selbst auch nur ein geringes Blutvolumen hat.
Nach einer Kreuzprobe mit dem Blut der werdenden Mutter im Immunhämatologischen Labor in Münster brachte der Nachtshuttle das herausgesuchte Erykonzentrat nach Hagen. Die Kollegen in der Herstellung Präparation stellten eine 70 ml-Blutkonserve für diesen individuellen Fall her. Um eine transfusionsassoziierte Abstoßungsreaktion von weißen Blutzellen des Blutspenders im Fetus zu verhindern, wurde das Präparat mit 25 Gy Gamma- oder Röntgenstrahlen bestrahlt. Das Präparat kam zurück nach Münster, der Kreuzprobenbericht und die Begleitpapiere wurden erstellt und dann nach Rheine gebracht. D. Thomas Lorenzen, Leiter des Immunhämatologischen Labors im ZTM Münster: „Das hat sehr gut geklappt, denn es war planbar und alle Beteiligten haben alles bestens vorher abgesprochen.“
Professor Matthias Meyer-Wittkopf sieht das genauso: „
Wir alle hier im Mathias-Spital sind dankbar für die punktgenaue regelmäßige und zuverlässige Bereitstellung dieser überlebenswichtigen hochwertigen Blutkonserven für unsere ehemals ungeborene und jetzt gesunde kleine Patientin.“

 


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